Beitrag #9
Etwa eine Viertelstunde nach jenem von Swede beschriebenen Vorfall in der Gaststube näherte sich ein weiterer Gast zu Pferd. Sein schwarzer Umhang zeigte auf der Rückseite einen silber glänzenden Wolfskopf, dessen Augen Edelsteine zierten, die in der schon niedrig stehenden Nachmittagssonne funkelten. Dies war das unverkennbare Zeichen der eisernen Wölfe und jener hier, der jetzt seinen schwarzen Hengst in den Stall führte und den Sattel vom Pferderücken wuchtete, war ihr Leitwolf Lancelot.
Als Lance das Gasthaus betreten wollte, kamen ihm ein paar Gestalten entgegen, die jemand Besoffenen oder jedenfalls Besinnungslosen heraus zerrten und ihm ein unfreiwilliges Bad in der Pferdetränke vorm Haus gönnten. Die Szene nicht weiter beachtend trat der Ritter in den Schankraum und suchte den direkten Weg zur Theke, wo er sich ohne Umschweife beim hiesigen Wirt nach der Pokerrunde erkundigte. Der deutete auf die Türe zu einem Nebenraum und fragte ihn, was er denn trinken wolle. Lance überlegte einen Moment und entschied sich dann für einen schottischen Whisky. Sowas trinkt man doch üblicherweise beim Kartenspiel, nicht wahr? Mit dem Glas in der Hand betrat er schließlich den Nebenraum und trat an den Tisch, wo ihn die Spieler wohl schon sehnsüchtig erwarteten. Nokarion hatte er das zweifelhafte Vergnügen zu Verdanken, hier und heute den Kartengeber zu miemen. Obwohl, eigentlich war es ja seine eigene Idee gewesen, aber das musste er den Anwesenden – insbesondere der charmanten Amanda – ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Gelassen trat er an den Tisch heran und setzte sich.
“Lady Amanda, schön das wir uns so schnell wieder sehen und das schon wieder einmal beim Spiel, nicht wahr? Mir scheint Du spielst gern. Besonders wenn es um einen ungewöhnlichen Einsatz geht.
Gentleman. Auch ihnen wünsche ich einen angenehmen Abend. Freut mich sehr für euch heute den Kartengeber und Scheidsrichter spielen zu dürfen im Auftrage unseres Innenministers Nokarion. Alles klar? Dann kann es ja gleich losgehen.
Als Lance die Karten auspackte und mischte, schaute er scheinbar sehr konzentriert auf das Spiel der 52 Karten in seiner Hand, gönnte den anderen am Tisch ab und an einen durchdringenden Blick und redete währenddessen weiter.
“Hier nochmal kurz die Regeln liebe Pokerfaces. Jeder von euch bekommt von mir 5 Karten. Anschließend könnt ihr Karten bei mir tauschen. Einmal vor der ersten Bietrunde und einmal danach. Insgesamt aber nur 5 Karten. Also wer mir in der ersten Runde alle zurück gibt, der muss anschließend mit dem leben, was er bekommt. Nimmt jemand in der ersten Runde keine Karte, dann ist das Mindestgebot zwei Kleidungsstücke.
Und falls hier jemand zwanzig Unterhosen trägt, dem will ich gleich einen Riegel vorschieben. Mehr als zwanzig Kleidungsstücke sind nicht erlaubt. Wer von euch mehr trägt, der darf sich noch umziehen gehen. Allerdings dürfen je Runde auch nicht mehr als 5 geboten werden. Erreicht ihr das Höchstgebot von 5 wird aufgedeckt. Ich denke auf diese Weise dauert das Spiel nicht zu lange, ist aber auch nicht gleich nach einer Runde beendet. Ich weiß ja nicht, wie bietfreudig ihr seid. Und Kleidungsstücke wieder anziehen geht natürlich auch nicht. Ihr dürft auch Schmuckstücke, Armschoner, Stirnbänder oder was auch immer setzen – aber eben nicht mehr als zwanzig. Wenn ihr die abgelegt habt, dann steht ihr definitiv ohne da. Wer mit weniger auskommen mag, der soll mir recht sein. Am besten sagt ihr mir alle einmal wie viele ihr denn einsetzen wollt und am Körper tragt – das hebt die Spannung.
Also auf geht’s – jeder bekommt die ersten fünf Karten – viel Spass. Die Bank selbst spielt allerdings nicht mit.
Lance schmunzelte in die Runde und verteilte sorgsam die Karten. Immer für jeden eine. Amanda sollte diese erste Runde beginnen und sass also vorn, wie man bei den Kartenspielern zu sagen pflegte. Sie würde das erste Gebot dieses amüsanten Abends abgeben dürfen.
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