Hach, endlich war der kleine Kerl von ihm herunter. Finlay begriff zwar nicht warum der Zwerg in hohem Bogen von ihm hinunter geflogen war, aber vermutlich wollte Kamikaze einige Zuschauer beeindrucken, indem er sich blitzartig von dem angeblich so gewaltigen Schlag des Drachenlegionärs erholte. Nun, wer sich von soetwas täuschen ließ, würde vermutlich auch an den Weihnachtsmann glauben. Fin nahm erst einmal einen tiefen Atemzug und zuckte kurz zusammen, als Schmerz ihn durchfuhr. Eine seiner Rippen war definitv angeknackst. Er hoffte jedoch, das ihn dies nicht zu sehr im weiteren Verlauf des Kampfes behindern würde. Mit einem eleganten Sprung kam er wieder auf die Beine und lockerte seine Glieder etwas. Der Zwerg hatte inzwischen seine Axt wieder in der Hand, aber es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn Finlay ihn für den Rest des Kampfes in der Arena hätte rumjagen können. Wobei sich manch zuschauer vermutlich fragen würde, wer hier wen auf dem Feld herum gejagt hatte. Fin befand zumindest für sich selbst, daß er sich gegen einen berühmten Kämpfer wie Kamikaze bisher gar nicht so schlecht gehalten hatte, machte aber trotzdem erst einmal einige Schritte rückwärts, um nicht von dem Slayer überrascht werden zu können.
Wieder begann der Zwerg mit einer seiner selbstgefälligen Reden. Finlay fragte sich wen er damit beeindrucken wollte. Vermutlich war der Waldläufer nervös und mußte sich mit seinem Gerede selbst Mut machen. Wobei dies wohl eher eine etwas selbstgefällige Schlussfolgerung war, die Fin da gezogen hatte. Auf jeden Fall würde er es sich nicht nehmen lassen, auf die verbale Herausforderung des Zwerges zu antworten. Dafür machte es dem Drachenlegionär viel zu viel Spaß, den Slayer zu reizen. Besonders, weil dieser sich auch so schön reizen ließ. Finlay hatte mal einen Schwertmeister sagen hören, daß ein wütender Gegner Fehler machte. Aus dem Geschäftsleben wußte der Wirt, daß in dieser Aussage ein Körnchen Wahrheit steckte. Und gegen den Zwerg würde er jeden auch noch so winzigen Vorteil nutzen müssen, wenn er auch nur eine kleine Chance haben wollte, diesen Kampf wenn schon nicht siegreich, dann zumindest lebend zu bestehen.
Ein kurzer Blick auf die Tribüne zauberte ein breites Lächeln auf Finlay’s Gesicht. Glib hing Kopfüber über der Ballustrade und entleerte seinen Mageninhalt durch den Mund in den Arenastaub. Der Gnom schien wohl etwas zuviel Bier getrunken zu haben. Vermutlich würde der Kleine aus dieser Lektion nichts lernen, aber steter Tropfen hölte bekanntlich den Stein und irgendwann würde Glib mit etwas Glück seine Lektion lernen. Mit einem Ohr bekam Fin nun noch den Rest der Ansprache Kamikazes mit. Es wurde wohl wieder einmal Zeit, dem Zwerg etwas von seiner eigenen Medizin zum Verzehr zu geben...
„Sagt mal Herr Zwerg, findet ihr eure Drohungen nicht langsam selbst etwas lächerlich? Außer einigen Kratzern habt ihr mit euren Angriffen bei mir bisher nichts angerichtet!“, meinte Finlay großspurig. Ein Heiler würde ihm nach dem Kampf vermutlich eine ganz andere Meinung zu den angeblichen Kratzern, die ganz nebenbei höllisch schmerzten, geben. Aber das mußte der Slayer ja nicht unbedingt wissen. „Ich kann auch verstehen, daß ihr lieber in dem Kreis dort bleibt. Wenn ich mit euren kurzen Beinchen einen so gewaltigen Wanst wie den Euren vor mir her schieben würde, wäre ich inzwischen vermutlich auch aus der Puste und bräuchte eine Erholungspause.“, fuhr der Drachenlegionär spöttisch fort, „Aber keine Angst, sie soll euch gewährt werden. Bleibt ihr also ruhig in eurem kleinen Königreich dort, ich werde mich mit dem Rest der Arena begnügen...“
Wenn das den Slayer nicht gereizt hatte, dann würde es vermutlich nichts können, was Finlay noch von sich geben konnte. Nun war es jedoch an Fin, die selbstgewählte Position des Zwerges auszunutzen. Ein einfacher Strurmangriff war wohl eher die bevorzugte Methodes des Waldläufers, also würde Finlay sich bestimmt nicht zu so einem plumpen Angriff hinreißen lassen. Wobei eine solche Attacke, vorgeführt von Kamikaze, wohl eher nichts plumpes an sich haben würde. Fin hatte allerdings einen etwas anderen Plan. Er wollte lieber einen der vielen angeborenen Reflexe des Körpers seines Gegners ausnutzen, um diesen in eine kleine Falle zu locken. Die von Kamikaze selbst gewählte eingeschränkte Bewegungsfreiheit würde ihm dabei ebenfalls behilflich sein.
So drehte Finlay erstmal seine linke Schulter in Richtung des Slayers und hielt seinen inzwischen recht verbeulten Schild vor sich. Man wußte ja nie, ob der Zwerg nicht mit seiner Axt oder einer versteckten Wurfwaffe angreifen würde. Den Krummsäbel hielt der Drachenlegionär in Richtung Arenaboden, in einer Linie mit seinem Arm. Fin machte nun einen Schritt auf den im Kreis stehenden Zwerg zu, dann noch einen und noch einen, bis er in vollem Lauf auf den Slayer zustürmte. Mindestens die Hälfte des Publikums würde ihn nun wohl für verrückt oder Lebensmüde halten, aber das war Finlay im Moment egal. Vermutlich würde ein Krieger seinen Angriff nun durch einen furchteinflössenden Kampfschrei unterstützen, aber der Drachenlegionär glaubte nicht, das Kamikaze sich durch soetwas beeindrucken ließ. Fin ging nun etwas in die Knie, sodaß sein Krummsäbel eine gerade Linie hinter ihm im Sand hinerließ.
Er war nun nur noch wenige Meter von dem Zwerg entfernt und schloss seine Hand fester um den Griff seiner Waffe. Präzision und Timing waren es, die in diesem Angriff entscheidend waren. Finlay hatte im fernen Orient schon mehrere Kämpfe gesehen, in denen diese Attacke über Sieg und Niederlage in einem Duell entschieden hatte. Allerdings trugen die Kämpfer dort auch leichtere bzw keine Rüstung. Einen Versuch war es Finlay jedoch wert. Der Drachenlegionär hatte lange üben müssen, bis er die Technik sicher beherrschte. Inzwischen war er fast ein Meister in dieser Form des Angriffs und ein ums andere Mal hatte Fin sich damit aus recht brenzligen Situationen befreien können.
Mit grimmiger Miene erwartete ihn der Zwerg und kurz bevor sie aufeinander prallen mußten, senkte Finlay die Spitze seines Krummsäbels noch etwas weiter in den Staub der Arena, bevor er ihn mit Schwung in Richtung des Zwerges riß. Ein Hagel aus Staub und kleinen Steinchen sauste in Richtung des Gesicht des Zwerges und die jedem humanoidem Lebewesen angeborenen Reflexe würden ihn zumindest kurzzeitig die Augen schließen oder den Kopf weg drehen lassen müssen. Finlay hatte schon Personen gesehen, die zusätzlich einen Arm vors Gesicht rissen, aber der Drachenlegionär war sich sicher, daß ihm der Zwerg diesen Gefallen nicht tun würde. Eine Sekunde der Unachtsamkeit, wie sie sich bei so einem Angriff nicht vermeiden lassen würde, sollte Finlay jedoch im Normallfall reichen.
Der Staubangriff war schließlich nur der Beginn seiner Attacke. Mit einer schnellen Körperdrehung stand Fin neben dem durch den Sand vermutlich abgelenktem Zwerg und ließ seinen Krummsäbel mit einem gewaltigen Streich von schräg rechts oben über dessen Brustkorb und Arm fahren. Eine weitere Drehung später kam Finlay schräg hinter und etwas außerhalb der Reichweite des Zwergs zur Ruhe und spähte über den Rand des Schildes auf den von ihm hoffentlich angerichteten Schaden...
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